Eigenkapital: Definition, Berechnung und Kennzahlen
Author
Reza Machdi-Ghazvini, CAIAAls Eigenkapital wird der Kapitalanteil eines Unternehmens bezeichnet, der sich aus den eigenen Mittel der Eigentümer zusammensetzt. Daher wird es auch als Reinvermögen oder eigene Mittel (Haftungskapital) bezeichnet.
Charakteristisch für das Eigenkapital ist, dass es einem Unternehmen unbefristet zur Verfügung steht und nicht zurückbezahlt werden muss.
Das Gegenteil zum Eigenkapital ist das Fremdkapital, das die Schulden umfasst. Zusammen mit dem Eigenkapital bildet es das Gesamtkapital eines Unternehmens.
Das wirst du in diesem Ratgeber lernen:
Wie entsteht das Eigenkapital eines Unternehmens?
Bei der Gründung von einem Unternehmen entsteht das Eigenkapital durch Bareinlagen oder Sacheinlagen von den Gesellschaftern.
Bilanziell wird es in der Bilanz auf der Passivseite unter dem Posten Gezeichnetes Kapital geführt.
Falls bei der Gründung ein Ausgabepreis festgelegt wurde, der über dem Nennwert liegt, wird das zusätzliche Kapital unter dem Bilanzposten Kapitalrücklage gebucht (§ 266 Abs. 3).
Wie kann ein Unternehmen sein Eigenkapital erhöhen?
Eigenkapital entsteht nicht nur bei der Gründung.
Bei bestehenden Unternehmen kann weiteres Eigenkapital über eine Kapitalerhöhung, Thesaurierung (Einbehaltung von Gewinnen), Aktivierung von Vermögensposten oder durch eine Höherbewertung der Aktiva oder eine niedrigere Bewertung der Passiva entstehen.
Unternehmen an der Börse können etwa mit einer Kapitalerhöhung (Ausgabe neuer Aktien) frisches Eigenkapital einsammeln.
Nicht-börsennotierten Unternehmen steht diese Möglichkeit nicht offen, weshalb sie frisches Eigenkapital nur durch andere Gesellschafter, Private Equity Unternehmen oder über die Thesaurierung von Gewinnen erhalten können.
Wie viel Eigenkapital brauchen Unternehmen bei ihrer Gründung?
Wie viel Eigenkapital für die Gründung eines Unternehmens benötigt wird, hängt von der Rechtsform ab.
Für die Gründung einer Aktiengesellschaft (AG) muss ein Grundkapital von 50.000 €, für eine GmbH ein Stammkapital von 25.000 € und für eine UG ein symbolisches Stammkapital von 1 € (sie wird daher auch als Mini-GmbH bezeichnet) eingebracht werden.
Wie dir eventuell aufgefallen ist, unterscheiden sich die Begriffe ein wenig.
So wird das Gründungskapital bei einer AG als Grundkapital bezeichnet, während es bei einer GmbH und UG als Stammkapital bezeichnet wird.
Im Ergebnis handelt es sich aber bei allen drei Unternehmen um die gezeichnete Rücklage, die bei dem dafür vorhergesehen Bilanzposten verbucht wird.
Welche Positionen werden dem Eigenkapital zugeordnet?
Das Eigenkapital lässt sich in weitere Eigenkapitalposten unterteilen.
Nach dem § 266 Abs. 3 HGB wird unterschieden zwischen:
Gezeichnetes Kapital
Kapitalrücklagen
Gewinnrücklagen
Gewinnvortrag/Verlustvortrag
Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag
Gezeichnetes Kapital
Bei der Unternehmensgründung sind Unternehmen dazu verpflichtet, eine Kapitaleinlage zu leisten (Gründungskapital), entweder in Form von einer Bareinlader oder als Sacheinlage.
Dieses Kapital wird in der Bilanz als gezeichnetes Kapital erfasst.
Wie erwähnt, kann das gezeichnete Kapital auch bei einem bestehenden Unternehmen durch eine Kapitalerhöhung erhöht werden.
Kapitalrücklagen
Kapitalrücklagen bildet ein Unternehmen, wenn es für ihrer Anteile bei der Ausgabe einen Preis verlangt, der über dem Nennwert der Anteile liegt.
Diese Differenz zwischen dem Nennwert und dem Ausgabepreis wird auch als Agio bezeichnet und in der Bilanz unter dem Posten Kapitalrücklagen geführt.
Gewinnrücklagen
Gewinnrücklagen werden von Unternehmen, wie sich bereits vom Namen erahnen lässt, aus ihren Gewinnen gebildet.
Sie können auf diese als finanzielle Reserven zurückgreifen.
Des Weiteren werden sie unterteilt in:
gesetzliche Rücklagen
Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen
satzungsmäßige Rücklagen
andere Rücklagen
Bei den Gewinnrücklagen solltest du beachten, dass diese nicht immer freiwillig gebildet werden.
Je nach Unternehmen müssen gesetzliche Vorschriften eingehalten werden, die ein Unternehmen dazu zwingen, einen bestimmen Anteil des Kapitals in die gesetzliche Rücklage einzustellen.
Gewinnvortrag und Verlustvortrag
Der Gewinnvortrag und Verlustvortrag wird aus dem Jahresergebnis aus dem vorherigen Geschäftsjahres gebildet.
Ein Gewinnvortrag entsteht dann, wenn ein Unternehmen einen Teil des Gewinns absichtlich nicht auszahlt. Dieser kann dann in das nächste Jahr fortgeführt werden.
Der Verlustvortrag wiederum entsteht infolge eines Jahresfehlbetrags.
Jahresüberschuss und Jahresfehlbetrag
Der Jahresüberschuss ist der Gewinn nach Abzug von Steuern. Wurde ein Verlust erzielt, wird er als Jahresfehlbetrag bezeichnet.
Er wird während der Gewinn-und-Verlust-Rechnung ermittelt und wird auch in der Bilanz auf der Passivseite ausgewiesen.
Welche Funktionen hat das Eigenkapital?
Das Eigenkapital übernimmt gleich mehrere wichtige Funktionen bei einem Unternehmen, auf die wir im Folgenden eingehen.
Gründungsfunktion
Für die Gründung von Unternehmen müssen die Gründer bzw. Gesellschafter Eigenkapital aufbringen.
So muss für die Gründung einer AG ein Kapital von 50.000 € und für die einer GmbH ein Kapital von 25.000 € aufgebracht werden.
Finanzierungsfunktion
Das Eigenkapital, genauer gesagt die Höhe des Eigenkapitals und der relative Anteil am Gesamtkapital eines Unternehmens, hat einen bedeutenden Einfluss auf die Kreditwürdigkeit (Bonitätsbewertung) eines Unternehmens.
Banken und andere Kreditgeber sind im Allgemeinen eher bereit, einem Unternehmen mit einem hohen Eigenkapitalanteil einen Kredit oder weitere Kredite zu gewähren.
Genauso wird ein sinkender Eigenkapitalanteil am Gesamtkapital grundsätzlich als Warnsignal gewertet, insbesondere wenn dieser einhergeht mit einem generellen Umsatz- und Gewinnrückgang.
Haftungsfunktion
Unternehmen in der Rechtsform haben für ihre Gesellschafter den Vorteil, dass sie prinzipiell nur mit ihrem eigenen Eigenkapital haften, das sich, wie gezeigt, aus verschiedenen Eigenkapitalposten zusammensetzt.
Gläubiger interpretieren das Eigenkapital daher als Haftungsmasse und es gilt, je mehr Eigenkapital vorhanden ist, desto höher kann ein Unternehmen haften.
Risikodeckungspotenzial
Das Eigenkapital hat für ein Unternehmen eine Risikodeckungsfunktion.
Es zeigt zu welchem Umfang ein Unternehmen Verluste machen kann, bevor es ernsthaft bedroht ist (etwas vereinfacht gesagt).
Begrenzungsfunktion
Die Höhe des Eigenkapitals bzw. der Eigenmittel begrenzt ein Unternehmen in einem nicht zu unterschätzenden Umfang.
Nimmt das Eigenkapital beispielsweise aufgrund einer guten Geschäftsentwicklung zu, eröffnen sich dadurch neue Finanzierungsmöglichkeiten, da sowohl Investoren bereit sind neues Eigenkapital zur Verfügung zu stellen und genauso Fremdkapitalgeber auch weitere Kredite gewähren.
Und genau das Gleiche gilt im umgekehrten Fall, falls sich ein Unternehmen schlechter entwickelt und das Eigenkapital in der Folge sinkt.
Bemessungsfunktion
Der Eigenkapitalanteil eines Gesellschafters oder Aktionärs legt fest, welchen Anteil er am Gewinn des Unternehmens hat.
Bei einer Aktiengesellschaft hängt vom Eigenkapitalanteil (gehaltene Aktien durch einen Aktionär) ab, welchen Anteil an den Dividenden (Gewinnausschüttung) einem Gesellschafter zustehen.
Repräsentations- und Werbefunktion
Die Höhe des Eigenkapitals kann ebenfalls als Signal genutzt werden, um auf eine gute bis sehr gute Zahlungsfähigkeit (Solvabilität) hinzuweisen.
Das ist der Fall, da im Allgemeinen eine hoher Bestand von Eigenmitteln als ein wichtiges Kriterium für die Bewertung der Kreditwürdigkeit angesehen wird.
Wie wird das Eigenkapital berechnet?
Die Berechnung des Eigenkapitals ist denkbar einfach.
Du kannst es mit folgender Formel berechnen:
Eigenkapital = Bilanzsumme (Gesamtkapital) - Fremdkapital.
Alternativ kannst du es auch einfach in der Bilanz ablesen, bzw. die einzelnen Posten, der Bilanz zusammenrechnen.
Manche Unternehmen sind bei ihrem Jahresabschluss auch dazu verpflichtet, einen sogenannten Eigenkapitalspiegel aufzustellen.
Dieser zeigt dir nicht nur den genauen Wert für das Eigenkapital mit den dazugehörigen Werten, sondern auch die Veränderung im Vergleich zum Vorjahr.
In welchen Kennzahlen wird das Eigenkapital verwendet?
Das Eigenkapital ist eine wichtiger bilanzieller Posten, der in verschiedenen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen eingesetzt wird.
Bei den Rentabilitätskennzahlen ist das bei der Eigenkapitalrentabilität etwa der Fall.
Bei den Bilanzkennzahlen wird das Eigenkapital bei der Berechnung der Eigenkapitalquote und bei den Anlagendeckungsgraden 1 und 2 benötigt wird.
Eigenkapitalrentabilität
Die Eigenkapitalrentabilität, die auch als Eigenkapitalrendite bzw. im Englischen als Return on Equity bezeichnet wird, setzt den Gewinn eines Unternehmens in Verhältnis zum Eigenkapital.
Grundsätzlich gilt, dass je höher die Eigenkapitalrendite ist, desto besser ist das für die Gesellschafter (Aktionäre) eines Unternehmens.
Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist, dass die Eigenkapitalrendite nicht nur von der Höhe des Gewinns beeinflusst wird.
Sie wird auch durch die Höhe des aufgenommenen Fremdkapitals beeinflusst, was als Leverage Effekt bezeichnet wird.
Sinkt der Anteil des Eigenkapitals durch die Aufnahme von Fremdkapital und der Gewinn bleibt gleich, führt das zwangsläufig zu einer höheren Eigenkapitalrendite.
Eigenkapitalquote
Die Eigenkapitalquote (engl. Equity to Asset Ratio) ist eine Bilanzkennzahl, die zeigt, wie hoch der Anteil des Eigenkapitals am gesamten Kapital des Unternehmens ist.
Das Pendant zur Eigenkapitalquote ist die Fremdkapitalquote.
Da die Eigenkapitalquote den Anteil des Eigenkapitals relativ zum Gesamtvermögen zeigt, hat sie eine größere Aussagekraft als der absolute Wert des Eigenkapitals.
Für verlässliche Aussagen über die Finanzierungsfähigkeit eines Unternehmens sollte das Eigenkapital zusammen mit dem Fremdkapital bewertet werden.
Anlagendeckungsgrade
Mit den Anlagendeckungsgraden, die auch als goldene Bilanzregeln bezeichnet werden, kannst du ermitteln, ob ein Unternehmen sein Anlagevermögen fristen kongruent finanziert.
Das klingt etwas spärlich, aber damit ist gemeint, dass ein Unternehmen sein langfristiges Vermögen auch über langfristige Finanzierungen finanziert.
Das bedeutet, das Anlagevermögen wird entweder nur durch Eigenkapital oder durch einen Mix von Eigen- und langfristigen Fremdkapital finanziert.
Während beim Anlagendeckungsgrad 1 nur das Eigenkapital als langfristiges Kapital angesehen wird, werden beim Anlagendeckungsgrad 2 auch die langfristigen Schulden berücksichtigt.
Da sich Unternehmen in der Regel aus eigenen Mitteln und aufgenommenen Schulden finanzieren (mit wenigen Ausnahmen), ist der Anlagendeckungsgrad 2 für die Praxis relevanter.
Eigenkapital vs. Fremdkapital
Nicht immer ist die Abgrenzung zwischen Eigenkapital und Fremdkapital ohne Weiteres möglich.
Grundsätzlich spricht bereits eine Rückzahlungsverpflichtung, auch in einer schwachen Form, dafür, dass das Kapital als Fremdkapital gewertet wird.
Das ist im Übrigen auch der Grund, weshalb Rückstellungen als Fremdkapital gewertet werden.
Ein weiteres Merkmal, dass für die Klassifizierung als Fremdkapital gilt, ist eine erfolgsunabhängige Verzinsung, wie das typischerweise bei Krediten der Fall ist.
Hybride Eigenkapitalformen
Hybride Eigenkapitalformen sind eine Mischform aus Eigen- und Fremdkapital.
Sie werden auch als Mezzanine-Kapital bezeichnet.
Zu diesen Finanzierungsformen gehören unter anderem:
Nachrangdarlehen (engl. Junior Debt)
Genussrechte
Stille Gesellschaften
Hybridanleihen
Gesellschafterdarlehen
Ob und in welchem Umfang diese Finanzierungsmöglichkeiten ganz oder teilweise von Ratingagenturen oder Fremdkapitalgebern wie Banken als Eigenkapital akzeptiert werden, hängt im Einzelfall von den Bedingungen der Finanzierung ab.
Für eine Anerkennung bzw. Anrechnung zum Eigenkapital sprechen lange Laufzeiten und bzw. oder hohe Verlustbeteiligungen, weil dann hybride Finanzierungsformen "echtem" Eigenkapital immer ähnlicher wird.
Dieses steht einem Unternehmen unbegrenzt zur Verfügung und im Falle einer Insolvenz, werden zuerst die Fremdkapitalgeber bedient, weshalb von dem Eigenkapital in den meisten Fällen nichts oder nur wenig für die Gesellschafter übrig bleibt.
Exkurs: Eigenkapital bei der Baufinanzierung
Bei Baufinanzierungen erwarten die meisten Banken von Kreditnehmern, dass sie selbst eigenes Vermögen aufbringen müssen, bevor sie eine Baufinanzierung erhalten können.
Genauso wie bei Unternehmen übernimmt das Eigenkapital in diesem Zusammenhang wichtige Funktionen. Bei einer Baufinanzierung sind das speziell die Finanzierungs- und Haftungsfunktion.
Die Banken verlangen dieses Eigenkapital vornehmlich für den Fall, dass die Kreditnehmer ihren Kredit nicht mehr bezahlen können.
Damit sicheren sie sich für den Fall ab, dass eine Immobilien verkauft (zwangsversteigert) werden muss, weil die Kreditnehmer nicht mehr zahlen können.
In so einem Fall dient das Eigenkapital der Bank dann als zusätzliche Sicherheit, falls der am Markt erzielbare Preis nicht ausreicht, um das ausstehende Darlehen auszugleichen.
Wie du siehst, nimmt das Eigenkapital in diesem Kontext eine genauso wichtige Rolle wie bei der Unternehmensgründung ein.
Genauso wie bei der Gründung einer Kapitalgesellschaft muss ein Mindestkapital geleistet werden, um überhaupt Zugang zu einer Finanzierung zu erhalten.
Wie viel Eigenkapital ist empfehlenswert?
Pauschal lässt sich nicht sagen, wie viel Eigenkapital in % bei einer Baufinanzierung aufgebracht werden sollte.
Generell gilt aber, je mehr Eigenkapital du bei einer Baufinanzierung einbringst, desto günstiger werden die Zinsen.
Typischerweise wird daher mindestens ein Eigenkapital in Höhe von 10 % bis 15 % des Kaufpreises empfohlen.
Viele Banken sind bereit, dir einen günstigeren Zins zu gewähren bis zu einem Eigenkapitalanteil von 40 % des Kaufpreises.
Fazit
In diesem Ratgeber haben wir uns mit dem Eigenkapital beschäftigt.
Dabei haben wir uns die genaue Definition des Eigenkapitals angesehen und auch geklärt, wie es entsteht und erhöht werden kann.
Das Eigenkapital erfüllt für ein Unternehmen verschiedene wichtige Funktionen.
Insbesondere die Gründungsfunktion ist hervorzuheben, da in der Regel jedes Unternehmen bei ihrer Gründung Eigenkapital benötigt.