Was ist der Terminal Value? Einfach erklärt
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Reza Machdi-Ghazvini, CAIAIm Finanzwesen beschreibt der Begriff Terminal Value (kurz TV, dt. Endwert) den Barwert von allen Cashflows zu einem Zeitpunkt in der Zukunft, ab dem wir eine konstanten Wachstumsrate erwarten.
Durch den Terminal Value kann bei der Unternehmensbewertung mit dem Discounted Cash Flow Verfahren der Wert berücksichtigt werden, der am Ende eines mehrjährigen Prognosezeitraums für alle zukünftigen Cashflows angenommen werden kann.
Das wirst du in diesem Ratgeber lernen:
Warum ist der Terminal Value wichtig?
Die Unternehmensbewertung mit der Discounted Cash Flow (DCF) Methode unterteilt sich in zwei Teile: Ein Prognosezeitraum und der Terminal Value (Endwert oder auch Restwert bzw. Fortführungswert).
Die Bewertung basiert auf der Annahme, dass der Wert einer Anlage den zukünftigen Cashflows (Zahlungsströmen) von dieser entspricht. Deswegen müssen diese Cashflows prognostiziert werden, um einen Unternehmenswert ermitteln zu können.
Dabei gilt, wie auch bei anderen Prognosen, dass je weiter die Prognosezeitpunkte in der Zukunft liegen, desto schwieriger wird es diese Cashflows abzuschätzen.
Das ist der Grund, weshalb in der Praxis beim Discounted Cash Flow Verfahren häufig nur ein Prognosezeitraum von 3 bis 5 Jahren angenommen und für die Zeiträume danach ein Terminal Value ermittelt wird.
Ohne diesen Terminal Value würde die Unternehmensbewertung sonst unterstellen, dass das Unternehmen einfach nach 5 Jahren aufhört zu existieren. Das wäre in den meisten Fällen nicht nur falsch, sondern gar nicht mit Sicherheit vorhersehbar.
Wie wird der Terminal Value berechnet?
Für die Berechnung des Terminal Values werden zwei Methoden verwendet: Die Perpetuity (Gordon Growth Model, in Deutsch „ewige Rente“) und Exit Multiple Methode.
Die Perpetuity Methode folgt der Annahme an, dass ein Unternehmen für immer mit einer konstanten Wachstumsrate Cash Flows generieren wird (im Englischen wird das als „Going Concern“ Annahme bezeichnet).
Während die Exit Multiple Methode annimmt, dass das Unternehmen zu einem Multiple (EBIT oder EBITDA Multiple) verkauft wird.
In der Praxis bevorzugen Finanzexperten häufig den Exit Multple Ansatz, während in der Wissenschaft vermehrt das Model der ewigen Rente verwendet wird. Teilweise werden aber auch beide Werte verwendet, um ein Ergebnis zu erhalten, das dem Unternehmenswert möglichst nahekommt.
Perpetuity Methode
Die Perpetuity Methode nimmt an, dass ein Unternehmen ab einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft mit einer konstanten Wachstumsrate für immer weiterwachsen wird.
Was zunächst ein wenig abstrakt klingt, folgt der einfachen Annahme, dass jedes Unternehmen ab einem gewissen Zeitpunkt seinen Wettbewerbsvorteil teilweise oder ganz einbüßen wird.
Ab diesem Zeitpunkt kann das Wachstum des Unternehmens nur noch mit der Inflation mithalten oder im besten Fall mit der Wachstumsrate des Bruttosozialprodukts (bei internationalen Firmen das Weltwirtschaftswachstum).
Die Berechnung des Terminal Values mit dieser Methode ist denkbar einfach, hierfür wird folgende Formel verwendet:
Terminal Value = FCF * (1 + g) / (d - g)
Die einzusetzenden Werte stehen für:
FCF: Free Cash Flow (am Ende des Prognosezeitraums)
g: Ewige Wachstumsrate
d: Diskontsatz (typischerweise der WACC)
Zum Schluss wird das Ergebnis abdiskontiert, um den Barwert des Terminal Values zu erhalten (der heutige Wert „present value“ des Terminal Values).
Falls das alles keinen Sinn macht, wir schauen uns zum Schluss noch ein Beispiel an.
Exit Multiple Methode
Die Exit Multiple Methode unterstellt, dass das Unternehmen nach dem Prognosezeitraum verkauft wird.
Hierfür wird am Ende diesen Zeitraums das EBIT oder EBITDA mit einem Multiple multipliziert, der für ähnliche Unternehmensverkäufe erzielt wurde. Dafür werden häufig Branchendurchschnitte verwendet.
Genauso wie bei der Perpetuity Methode wird auch dieser Terminal Value abdiskontiert, um den heutigen Wert des Terminal Values zu erhalten.
Welche Bedeutung hat der Terminal Value bei der Unternehmensbewertung?
Anders als du eventuell annimmst, hat der Terminal Value einen erheblichen Einfluss auf die Bewertung eines Unternehmens.
Das kannst du dir gedanklich leicht klarmachen, wenn du berücksichtigst, dass die Planungsperioden nur die Cash Flows für einige Jahre berücksichtigt.
Während der Terminal Value entweder für den Wert bis in alle Ewigkeit steht (Perpetuity Methode) oder für einen realistischen Verkaufswert in naher Zukunft (Exit Multiple Methode).
Entsprechend sensibel reagiert das gesamte Ergebnis der Bewertung auf bereits kleine Veränderungen des Terminals Values und das gilt für beide vorgestellte Methoden.
Was muss ich beim Terminal Value beachten?
Die Berechnung des Terminal Values, sowie die ganze Unternehmensbewertung über das DCF Verfahren, beruht auf Annahmen.
Das fängt bereits damit an, ob du dich für einen Prognosezeitraum von 3, 5 oder sogar 10 Jahren entscheidest. In der Praxis wird dieser selten über 5 Jahre gewählt, da es unrealistisch ist Cashflows in 10 Jahren vorhersagen zu wollen. Aber Ausnahmen bestätigen wie immer die Regeln.
Des Weiteren kann auch die Wahl der Methode für die Berechnung des Terminal Values das Ergebnis maßgeblich beeinflussen. Du könntest über die Perpetuity Methode beispielsweise auf einen Wert kommen, der wesentlich höher ist als bei der Exit Multiple Methode.
Die einfache Begründung dafür könnte bereits sein, dass du für die prognostizieren Cashflows viel zu hohe Wachstumszahlen angenommen hast.
Außerdem kommt es in der Praxis oft zu großen Bewertungsunterschieden, wenn für die Berechnung des Terminal Values eine unrealistische Wachstumsrate angenommen wird. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn diese über dem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum liegt.
Du kannst dir als Daumenregel daher merken, dass du bei der Berechnung des Terminal Values keine Wachstumsrate annehmen solltest, die über dem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum liegt. Statt des Wirtschaftswachstums kannst du dich auch der durchschnittlichen Inflation orientieren.
Wie erwähnt, kann kein Unternehmen dauerhaft bis in alle Ewigkeit schneller wachsen als die Weltwirtschaft, denn irgendwann wird es seine Wettbewerbsvorteile verlieren.
Confirmation Bias vermeiden
Diese Problematik kann auch so zusammengefasst werden, dass du die Bewertung so lange anpasst, bis sie deinen eigenen Erwartungen entspricht.
Das wird in der Verhaltensökonomie (Behavioral Finance) als „Confirmation Bias“ bezeichnet. In der Praxis lässt sich dieser immer wieder bei der Unternehmensbewertung beobachten.
Um diese Problematik abzumildern, werden nicht selten beide Methoden verwendet, um den Terminal Value zu berechnen.
Teilweise wird auch mit unterschiedlichen Szenarien gearbeitet, in denen der Terminal Value unterschiedliche Werte annimmt und ein Durchschnitt gebildet wird.
Beispiel für die Berechnung eines Terminal Values
In unserem Beispiel nehmen wir an, dass für eine Aktiengesellschaft mit der Perpetuity Methode den Terminal Value berechnet werden sollen.
Die Gesellschaft hat einen WACC (Weighted Average Cost of Capital) von 5 % hat. Des Weiteren wird eine langfristige Wachstumsrate von 2 % angenommen, die dem Inflationsziel für die Eurozone entspricht.
Für den Prognosezeitraum von 5 Jahren wurden folgende Cashflows geschätzt:
1 Jahr: 2.000 €
2 Jahr: 2.300 € (+15 %)
3 Jahr: 2.500 € (+8,7 %)
4 Jahr: 2.600 € (+4 %)
5 Jahr: 2.700 € (+3,8 %)
Terminal Value = 2.700 € * (1 + 0,02) / (0,05 - 0,02) = 91.800 €
Im nächsten Schritt wird der Bartwert berechnet, indem das Ergebnis mit den WACC abdiskontiert wird.
Barwert Terminal Value = 91.800 € * (1 / 1 + 0,05)^5 = 71.927,70 €
Bei dem Beispiel sollte dir aufgefallen sein, dass die Wachstumsrate der Cashflows jedes Jahr abgenommen hat, was dem üblichen Verlauf bei Unternehmen entspricht.
Wenn ein Unternehmen stärker wachsen kann als der Rest des Markts, muss es einen Vorteil gegenüber den anderen haben (Patent, Marke etc.).
Die Mitbewerber werden in der Folge auf diesen aufmerksam werden und über die Zeit führt die höhere Konkurrenz dazu, dass das Unternehmen seinen Vorteil weniger ausspielen kann. Das muss sich entsprechend auch in den Cash Flows widerspiegeln.
Ebenfalls wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass sich die Wachstumsrate immer mehr der langfristigen Wachstumsrate von 2 % annähert.
Des Weiteren muss erwähnt werden, dass du jetzt nicht einfach den Barwert des Terminal Values zu den anderen Cashflows addieren kannst, um so den Unternehmenswert zu erhalten. Davor müsstest du noch die anderen Cashflows ebenfalls abdiskontieren.
In diesem Beispiel zeigt sich im übrigen auch schön, welchen Anteil der Terminal Value an der gesamten Bewertung hat. Die nicht abdiskontierten Cashflows haben in Summe einen Wert von 12.100 €, dem gegenüber steht der Terminal Value von 91.800 €.
Demnach hat der Terminal Value beinahe einen Anteil von 90 % an der gesamten Bewertung.
Fazit
In diesem Ratgeber haben wir uns mit dem Terminal Value beschäftigt. Dieser wird bei der Unternehmensbewertung mit dem Discounted Cash Flow Verfahren benötigt, um einen Endwert nach dem Prognosezeitraum ermitteln.
Die Berechnung des Terminal Values kann über die Perpetuity oder Exit Multiple Methode erfolgen. Beide Methoden kommen in der Praxis zur Anwendung, teilweise auch gleichzeitig.
An der gesamten Bewertung hat der Terminal Value einen hohen Anteil, wodurch bereits kleine Veränderungen bei dem angenommenen Parameter für die Berechnung das gesamte Ergebnis maßgeblich beeinflussen können.