Was ist ein Weltportfolio und wie wird es nach Gerd Kommer umgesetzt?
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Reza Machdi-Ghazvini, CAIAWenn du dein Geld passiv investieren möchtest, dann solltest du wissen, was ein Weltportfolio ist und wie du es mit ETFs umsetzen kannst.
Die Idee des Weltportfolios folgt schlüssigen theoretischen Grundlagen aus der Finanztheorie und ist genau deswegen für viele Anleger eine überzeugende Anlagestrategie.
Für Einsteiger können diese aber etwas überfordernd sein, obwohl diese eigentlich recht leicht nachvollziehbar sind.
Falls es dir auch so geht, können wir dir versichern: Du bist nicht allein.
Davon solltest du dich aber nicht abschrecken lassen, denn die Umsetzung eines Weltportfolios gehört zu denen Strategien, die sich für Privatanleger am leichtesten umsetzen lassen.
Das wirst du in diesem Ratgeber lernen:
Was ist ein Weltportfolio?
Wenn du anfängst, dich mit dem passiven Investieren zu beschäftigen, wirst du schnell auf den Begriff des Weltportfolios stoßen.
Ein Weltportfolio ist ein Portfolio, bei dem das eingesetzte Kapital weltweit über unterschiedliche Aktien gestreut wird. Du kaufst sozusagen einfach die "Welt”, anstatt auf einzelne Aktien zu setzen.
Natürlich ist das streng genommen nicht möglich, da nicht in alle Unternehmen über Aktien investiert werden kann. Aber darum geht es aber auch nicht.
Vielmehr geht es darum, mit einem breit diversifizierten Portfolio an der Wirtschaftsleitung der Welt zu partizipieren.
Das hat für dich den entscheidenden Vorteil, dass du nicht einzelne Wertpapiere auswählen musst.
Und du dir keine Gedanken über eine ausreichende Streuung deines eingesetzten Kapitals machen, da du es ohnehin maximal über viele unterschiedliche Werte streust.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass es nicht nur ein einzelnes Portfolio gibt.
Stattdessen handelt es sich um ein Portfolio-Konzept, mit dem du dir als Anleger ein individuelles Weltportfolio zusammenstellen kannst, das deinen Vorstellungen am besten entspricht.
Eine Person, die das Konzept des Weltportfolios entscheidend geprägt hat, ist Gerd Kommer.
Dieser hat mit seinem Buch „Souverän investieren mit Indexfonds & ETFs“ die Idee des Weltportfolios maßgeblich in Deutschland verbreitet.
Des Weiteren stellt er in seinem Buch verschiedene Varianten zur Umsetzung eines Weltportfolios vor, auf die wir ebenfalls noch in diesem Ratgeber eingehen werden.
Als Nächstes schauen wir uns aber erst die theoretischen Grundlagen eines Weltportfolios an, die viele Anleger von diesem Anlagekonzept überzeugt haben.
Was sind die theoretischen Grundlagen des Weltportfolios?
Ein Weltportfolio sollte sich bei seiner Gestaltung an wirtschaftswissenschaftlichen Konzepten und Theorien orientieren, um eine weltweit diversifizierte Anlagestrategie umzusetzen.
Finanzexperten, zu denen auch Gerd Kommer selbstverständlich gehört, orientieren sich dabei an zwei bekannten Konzepten aus der Finanzwissenschaft.
Und zwar an der Markteffizienzhypothese und an dem CAPM-Modell.
Markteffizienzhypothese
Die Markteffizienzhypothese (auch Effizienzmarkthypothese) besagt, dass die aktuellen Marktpreise alle verfügbaren Informationen widerspiegeln. Sie wurde erst mal von Louis Bachelier 1990 aufgestellt und wurde weiter geprägt durch die Wissenschaftler Samuelson und Eugene Fama.
Nach der Markteffizienzhypothese kann kein Marktteilnehmer (etwa ein Aktionär), den Markt langfristig schlagen. Daher lohnt es sich nicht durch ein ständiges Rein und Raus oder hin und her in unterschiedliche Wertpapiere zu investieren.
Wenn die Rendite des Marktes allerdings doch einmal geschlagen wurde, ist das Glück und lässt sich nicht auf besondere Fähigkeiten oder eventuelle nicht öffentliche Informationen zurückführen.
Ein Argument, das für diese "steile“ These spricht, ist, dass die große Mehrheit an aktiv verwalteten Fonds es regelmäßig nicht schafft, besser als ihr Referenzindex (Benchmark) abzuschneiden.
Tatsächlich schneiden die meisten Fonds nach der Berücksichtigung von Kosten sogar schlechter ab.
Dann stellt sich aber die Frage, wie Anleger in den Markt investieren können und an dieser Stelle kommt das Capital Asset Pricing Model ins Spiel.
Capital Asset Pricing Model (CAPM)
Das Capital Asset Pricing Modell (CAPM) wurde von Sharpe, Lintner und Mossin in den 1960er-Jahren unabhängig voneinander entwickelt und baut auf der Portfoliotheorie von Markowitz auf (Sharpe und Markowitz erhielten für ihre Leistungen 1990 den Wirtschaftsnobelpreis).
Das Modell gehört heutzutage, trotz heftiger Kritik, zu den wichtigsten Konzepten in den Finanzwissenschaften, auf denen weitere Theorien aufbauen. Bei der Unternehmensbewertung wird es unter anderem häufig verwendet, um die Eigenkapitalkosten eines Unternehmens zu bestimmen.
Das Modell basiert auf der Annahme, dass alle Investoren entweder in eine risikofreie (risikoarme) Anlage investieren oder in ein Marktportfolio, mit einer maximal zu erwartenden Rendite bei einem gegebenen Risiko.
Dieses Portfolio ist daher das bestmögliche diversifizierte Portfolio, unabhängig von der Rendite-Risiko-Präferenz der Anleger.
Deswegen macht es für Anleger keinen Sinn einzelne Werte auszuwählen oder andere Portfolien zu bilden, da bei dem Marktportfolio die erwartete Rendite und das Risiko in einem optimalen Verhältnis stehen.
Übertragen auf einen aktiv verwalteten Fonds und ETFs würde das bedeuten, dass das Marktportfolio, in dem Fall von einem ETF der abgebildete Index, nicht dauerhaft geschlagen werden kann. Das wie vorher erwähnt bei vielen aktiven Investmentfonds der Fall ist.
Falls das alles ein wenig komplex für dich klingt, können wir dich beruhigen: Das CAPM Modell bildet für sich noch mal ein eigenes Thema und lässt sich nicht mal eben in einem Absatz abhandeln.
Wichtig für die Idee des Weltportfolios ist nur die Annahme, dass es ein Marktportfolio mit einem optimalen Rendite- und Risikoprofil gibt.
Wie wird ein Weltportfolio umgesetzt?
Bei einem Weltportfolio wird darauf verzichtet, einzelne Werte auszuwählen (Stock Picking), um den Markt zu schlagen.
Stattdessen wird der „Markt“ gekauft, weshalb Weltportfolien über Exchange Traded Funds (ETFs) umgesetzt werden.
Falls du noch nie von ETFs gehört hast: Das sind im Grunde herkömmliche Investmentfonds, mit all ihren Vorteilen, aber mit dem Unterschied, dass sie nur einem Index folgen.
Das bedeutet, bei ihnen versucht kein Fondsmanagement, einen Referenzindex zu schlagen.
Mit einem Exchange Traded Fund, der dann einen weltweiten Index, wie den MSCI World oder MSCI All Country World Index (MSCI AWI) abbildet, kannst du dann leicht „die ganze Welt“ mit einem ETF kaufen.
Und tatsächlich gibt es einige Anleger, die mit nur einem ETF ein Weltportfolio umsetzen.
Manchmal werden auch zwei verwendet, um den Anteil der Schwellenländer im Portfolio zu erhöhen.
Dafür wird dann in ein sogenanntes 70/30 Weltportfolio investiert, in diesem Portfolio werden 70 % in einen ETF auf den MSCI World und 30 % in einen ETF auf den MSCI Emerging Markets (Schwellenländer) investiert.
Aber, auch so ein Weltportfolio ist nicht ohne Risiken.
Des Weiteren musst du die Frage klären, wie hoch das Risiko insgesamt sein soll, das du insgesamt eingehen möchtest.
Genau an dieser Stelle bringt sich Gerd Kommer mit seinen Überlegungen ein.
Weltportfolio nach Gerd Kommer (inkl. Varianten)
Wie eingangs erwähnt, hat der ehemalige Investmentbanker Gerd Kommer die Thematik des Weltportfolios maßgeblich in Deutschland geprägt. Und tatsächlich wird Kommer immer wieder im Zusammenhang mit Weltportfolien zitiert.
Im Folgenden gehen wir auf die grundlegende Vorgehensweise nach Gerd Kommer ein, mit der du ein Weltportfolio umsetzen kannst.
Sie gliedert sich nach Gerd Kommer in die Level-1-Asset-Allokation und Level-2-Asket-Allokation.
Wie gehe ich mit den Risiken bei einem Weltportfolio um?
Wenn du nach Gerd Kommer ein Weltportfolio umsetzten möchtest, musst du dein Portfolio bei der Level-1-Asset-Allocation in einen risikoarmen und risikobehafteten Teil aufteilen. Mit dieser Aufteilung steuerst du hauptsächlich das Risiko, das du eingehen möchtest.
Wie du diese Aufteilung wählst, hängt im Wesentlichen von deiner persönlichen Risikobereitschaft ab.
Du kannst dich dabei an der bewährten Daumenregel orientieren, den risikobehafteten Teil an der Anlagedauer auszurichten. Bei ihr multiplizierst du die Anlagedauer in Jahren mit 100, um den Anteil der riskanteren Anlagen festzulegen. Dabei sind 100 % logischerweise das Maximum.
Wenn du etwa bereit bist, dein Kapital für 10 Jahre anzulegen, dann könntest du 100 % von deinem Kapital in risikoreichere Anlagen investieren.
4 Weltportfolio-Varianten von Gerd Kommer
Nachdem der erste Teil abgeschlossen ist, geht es mit der Level-2-Asset -Allocation im zweiten Schritt weiter. Die konsequenterweise von der Aufteilung im vorherigen Schritt abhängt.
Daher kommen beim risikoarmen Teil des Portfolios nur Anlagen aus Anlageklassen infrage, die als weniger riskant gelten und daher auch nur niedrigere Renditen bieten. Dazu zählen insbesondere Tagesgelder, Festgelder und konservative Anleihen.
Während zum risikobehafteten Teil des Portfolios alle Anlageklassen gehören, die im Allgemeinen als riskanter gelten und dafür höhere Renditen versprechen. Das sind Aktien, risikoreichere Anleihen, Immobilien, Rohstoffe, Gold und die anderen alternative Investments.
In seinem Buch „Souverän investieren mit Indexfonds & ETFs“ beschreibt Gerd Kommer vier Weltportfolio-Varianten, mit denen du diesen Schritt umsetzen kannst.
#1 Variante: Einfach ohne Factor Investing
Die erste Variante kannst du am einfachsten umsetzen: Du brauchst für sie nur zwei ETFs.
Für den risikoreicheren Teil deines Portfolios investierst du in einen ETF, der einem Weltindex folgt. Er sollte auch die Emerging Markets berücksichtigen.
Daher bieten sich ETFs auf den MSCI All Country World Index oder FTSE All World Index an. Auch ein ETF auf den MSCI ACWI IMI Index könnte sinnvoll sein, falls du Small Caps berücksichtigen möchtest.
Und für den risikoärmeren Teil kannst du in einen ETF investieren, der einen konservativen Anleihenindex abbildet. Die sich aus Anleihen mit maximalen Laufzeiten von 36 Monaten zusammensetzt, die ein gutes bis sehr gutes Rating haben. Und außerdem in Euro notieren, damit du kein ungewolltes Währungsrisiko eingehst.
#2 Variante: Mit Beimischung ohne Factor Investing
Die zweite Variante schließt in großen Teilen an die erste Variante an.
Sie wird aber um mögliche Investitionen in Rohstoffe, Immobilienaktien (REITs) und Gold erweitert, für die du auf dafür geeignete ETFs setzen kannst.
Für den risikoärmeren Teil wird ergänzend vorgeschlagen, das Portfolio um einen ETF auf inflationsindexierte Anleihen mit maximalen Laufzeiten von 5 Jahren zu erweitern.
Das ist aber optional. Du kannst genauso gut auf einen Anleihen-ETF setzen, den wir bei der vorherigen Variante beschrieben haben.
#3 Variante: Multi-Factor Investing
Die 3 Variante unterscheidet sich beim risikoarmen Teil kaum von den vorherigen Varianten.
Entweder setzt du nur auf Anleihen mit mittleren Laufzeiten und guten bis sehr guten Ratings oder du ergänzt sie um inflationsindexierte Anleihen.
Dafür unterscheidet sich der risikobehaftete Teil wesentlich von dem der vorherigen Varianten, da bei dieser Variante das Factor Investing berücksichtigt wird.
Falls dir Factor Investing nichts oder gar nichts sagt: Das sind hauptsächlich Aktienmarkt-Faktoren, um Anlagestile systematisch umzusetzen.
Dazu zählen die Faktoren Small, Value, Quality, Momentum und Political Risk.
Diese Faktoren sind im Übrigen nicht aus der Luft gegriffen. Sie werden in den Finanzwissenschaften regelmäßig erwähnt und auch weiter erforscht.
Jeder von diesen Faktoren wird beim risikobehafteten Teil mit einem Anteil von jeweils 20 % berücksichtigt. Hierfür investierst du in ETFs auf die folgenden Indizes:
MSCI World Value Index
MSCI World Quality Index
MSCI World Momentum Index
MSCI World Small Cap Index
MSCI Emergig Markets IMI Index
Die Berücksichtigung von Faktor-Indizes hat für dich als Anleger den Vorteil, dass du dadurch höhere Renditen erzielen kannst als mit einem vergleichbaren klassischen Marktkapitalisierung-gewichteten Index.
Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass das auch zu einer Underperformance führen kann, sollte sich ein oder mehrere Faktor schlechter entwickeln als der Referenzindex.
#4 Variante: Integriertes Multi-Factoring Investing
Die 4. Variante entspricht im Wesentlichen der 3. Variante. Nur dass du nicht über ETFs in die einzelnen Faktoren investierst, sondern in einen Multi-Factor-ETF.
Ein anschauliches Beispiel wäre der iShares Edge MSCI World Multifactor UCITS ETF über den du in mehrere Faktoren investieren kannst.
Was aber zunächst vorteilhaft und nach weniger Arbeit klingt, hat aber auch seinen Preis. Die TER (Gesamtkostenquote) für diesen beispielhaft genannten ETF liegt bei stolzen 0,50 % jährlich.
Zum Vergleich: die Kosten für einen einfachen MSCI World Index bei iShares betragen nur 0,20 % p.a.
Demnach ist der Multi-Factor-ETF mehr als doppelt so teuer wie die herkömmliche Variante. Außerdem werden ähnliche Gebühren nach unseren Erfahrungen auch bei den anderen Multi-Faktor-ETFs verlangt.
Wir sind uns daher nicht sicher, ob das sinnvoll ist oder ob du lieber direkt in Factor-ETFs investierst, bzw. nicht sogar erst mal nur in die einfachen Varianten investieren solltest.
Fazit
In diesem Ratgeber haben wir uns mit dem Konzept des Weltportfolios beschäftigt, das gerade beim passiven Investieren wichtig ist.
Das Weltportfolio folgt etablierten und bewährten finanzwissenschaftlichen Überlegungen wie der Markteffizienzhypothese und dem CAPM. Weshalb viele Anleger ein Weltportfolio für die beste Anlagemöglichkeit halten.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu beachten, dass es nicht nur ein Weltportfolio gibt. Wie wir gezeigt haben, gibt es unterschiedliche Weltportfolien, mit denen Anleger an der Wirtschaftsleitung der Welt teilhaben können.