Was ist passives Investieren und warum ist es so sinnvoll?

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Reza Machdi-Ghazvini, CAIABeim Passiven Investieren kannst du dein Geld einfach, ohne großen Zeitaufwand und zu günstigen Konditionen anlegen. Trotz der Einfachheit kann es aber am Anfang etwas herausfordernd sein, sich in das Thema einzuarbeiten.
Mach dir aber bitte keine Gedanken: Passives Investieren ist sehr unkompliziert und hast du erst einmal die Grundlagen verstanden, kannst du innerhalb kurzer Zeit dein Geld schon anlegen (wie genau, darüber reden wir später noch).
Das wirst du in diesem Ratgeber lernen:
Was ist passives Investieren?
In den vergangenen Jahren ist das passive Investieren über ETFs sowohl bei privaten als auch institutionellen Anlegern immer beliebter geworden.
Beim passiven Investieren streuen die Anleger ihr Kapital maximal, indem sie in ETFs investieren, die sich häufig aus hunderten Aktien zusammensetzen.
Daher wird bei diesem Anlagestil oft von einem Weltportfolio gesprochen: Die Idee ist einfach, die „ganze Welt“ zu kaufen, anstatt sich die Mühe zu machen, einzelne Werte auszuwählen.
Allerdings definiert sich das passive Investieren nicht nur dadurch, dass du einfach den Markt bzw. die „Welt“ kaufst.
Ein weiterer wichtiger Aspekt beim passiven Investieren ist, dass du deine Wertpapiere in unterschiedlichen Marktphasen einfach behältst.
Das bedeutet, du verkaufst deine Wertpapiere nicht während Börsencrashs und genauso wenig während Hochphasen an den Börsen.
Du widerstehst der Versuchung, den Markt „timen“ zu wollen, indem du versuchst, günstig zu kaufen und teuer zu verkaufen (was in der Regel ohnehin nicht funktioniert).
Zusammengefasst: Passives Investieren bedeutet im Kern, dass du dein Kapital langfristig und ohne aktives Handeln (wie sich bereits vom Namen ergibt) an der Börse anlegst. Dieser Anlagestil ist sozusagen eine extreme Form des Buy and Hold Ansatzes, bei dem du einfach in allen Fällen deine Wertpapiere hältst und zusätzlich auf eine gezielte Auswahl von Titeln verzichtest (Stock-Picking).
Du könntest dir passives Investieren wie „Segeln“ vorstellen. Du versuchst grundsätzlich der allgemeinen Marktentwicklung zu folgen. Und wie auch auf einem Segelschiff, kommst du dabei mal in ruhigere und unruhigere Lagen, allerdings hältst du den Kurs.
Aktives oder passives Investieren
Im Gegensatz zum passiven Investieren geht es beim aktiven Investieren darum, bewusste, bzw. aktive Kauf- und Verkaufsentscheidungen zu treffen, mit denen du deine Rendite erhöhen kannst.
Du versuchst bereits bei der Auswahl der Titel, auch Stock Picking genannt, auf die Wertpapiere zu setzen, die sich nach deiner Meinung besonders gut entwickeln werden.
Dafür analysierst du Aktien fundamental und kaufst nur Aktien von Unternehmen, die nach deiner Meinung nach unterbewertet sind.
Des Weiteren versuchst du den richtigen Zeitpunkt zu finden, um in Wertpapiere ein- und auszusteigen.
Um diesen zu ermitteln, orientierst du dich an Kennzahlen, Nachrichten und an der technische Analyse einer Aktie (von Kritikern als Kaffeesatzlesen verschrien).
Wenn du das so liest, dann klingt das sicherlich gut für dich, oder?
Tatsächlich ist es aber so, dass nicht nur die meisten Privatanleger beim aktiven Investieren schlechter abschneiden als beim passiven Investieren, sondern auch den Profis geht es so.
Studien und sonstige wiederkehrende Analysen zeigen, dass die meisten Fondsmanager den selbst ausgewählten Index (Benchmark) langfristig nicht schlagen.
Warum ist passives Investieren sinnvoll(er)?
In der Theorie klingt aktives Investieren wesentlich attraktiver als passives Investieren und tatsächlich gibt es auch gute Beispiele von Aktionären, die mit aktiven Investments ein großes Vermögen aufgebaut haben.
Als anschauliches Beispiel kann Warren Buffett genannt werden, einer der erfolgreichsten und bekannten Aktionäre unserer Zeit.
Aber auch Peter Lynch, einer der erfolgreichsten Fondsmanager, den es je gab, kann genauso gut als Beispiel genannt werden.
Trotz der genannten Positivbeispiele sind wir der Ansicht, dass für die meisten Privatanleger passives Investieren sinnvoller ist: Insbesondere, wenn sie sich erst gerade anfangen, mit der Börse und Wertpapieren zu beschäftigen.
Die einfache, aber naheliegende Begründung dafür ist, dass aktives passiveren Zeit und Erfahrung erfordert, wenn jemand damit erfolgreich sein möchte.
Des Weiteren kommt es immer wieder am Anfang zu den gleichen Fehlern bei Börsenneulingen.
Ein „Klassiker“ unter diesen ist, dass am Anfang sehr hohe Risiken eingegangen werden, um schnell mit Aktien reich zu werden.
Tatsächlich ist aber genau diese Vorgehensweise der Grund, weshalb viele Anleger hohe Verluste erleiden und danach nie wieder in Aktien oder andere riskante Wertpapiere investieren.
Gerade für solche oder ähnliche Fälle ist das passive Investieren sinnvoller, da mit einer Investition in ETFs in hunderte Titel investiert wird, was automatisch zu einer breiten Streuung des eingesetzten Kapitals führt.
Im Ergebnis werden so hohe Risiken aus Einzelpositionen vermieden, weshalb die maximalen Wertverluste auf Portfolioebene tendenziell geringer ausfallen.
Wie geht passives Investieren?
Passives Investieren gehört zu den Anlagestilen, die du am einfachsten umsetzen kannst.
Du brauchst weder viel Zeit noch musst du hohe Gebühren bezahlen, um in ETFs zu investieren.
Im Grunde brauchst du als wichtigste Voraussetzung nur ein Wertpapierdepot, in dem du deine Anteile an den ETFs aufbewahren kannst.
Nachdem du dein Depot eröffnet hast, musst du festlegen, wie du in ETFs investieren möchtest.
Da es sich bei ETFs im Grunde um herkömmliche Fonds handelt, kannst du sie genauso wie aktiv verwaltete Fonds besparen oder Einmalanlagen tätigen.
Allerdings musst du dich auch für eine ETF-Strategie entscheiden, also wie konkret dein ETF-Portfolio aussehen soll. Daraus ergibt sich auch, in welche Anlageklassen du über Exchange Traded Funds investierst.
Keine Sorge, auch das lässt sich mit Indexfonds wesentlich leichter umsetzen als dir eventuell bewusst ist.
Du kannst zum Beispiel bereits mit einem ETF auf den MSCI World Index vom weltweiten Wirtschaftswachstum profitieren.
Dieser Index, häufig auch Weltindex genannt, beinhaltet mehr als 1.600 Aktienwerte von weltweit tätigen Unternehmen und mit nur einem ETF kannst du anteilig in diese Werte investieren.
Zugegebenermaßen wird aber ein Aktien-ETF nicht den Bedürfnissen von allen Anlegern gerecht.
Daher hat sich in den letzten Jahren immer mehr die Idee des Weltportfolios durchgesetzt. Für diese gibt es diverse Musterportfolios, an denen du dich orientieren kannst.
Besonders beliebt bei diesen sind Weltportfolios, die Gerd Kommer in seinem Buch „Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs“ definiert hat. Du musst dir das Buch aber nicht gleich kaufen, wir stellen sie in unserem Artikel über Weltportfolios vor.
Was muss ich beim passiven Investieren beachten?
Auf den ersten Blick scheint es bei passiven Investments keine oder nur wenige Nachteile zu geben.
Und tatsächlich eignen sich Indexfonds als Wertpapiere gerade für den Börseneinstieg hervorragend.
Allerdings gibt es auch bei passiven Geldanlagen Nachteile, die du beachten solltest.
Passive Anlagen wie ETFs sind zwar breit diversifiziert, das bedeutet aber nicht, dass sie nicht auch kurz- bis mittelfristig stark schwanken können. Das gilt auch für ETFs auf breite Marktindizes wie den S&P 500 oder den MSCI World, diese können genauso wie Einzelwerte innerhalb von Tagen hohe Kursverluste erleiden (Maximum Drawdown). ETFs sind wesentlich diversifizierter als einzelne Anlagen, aber auch sie können sich dem allgemeinen Marktgeschehen nicht entziehen.
Wenn du in einen ETF investierst, wird das Geld nicht in die besten Werte des Index investiert, sondern die Werte orientieren sich an der Gewichtung in dem Index, dem der ETF folgt. Bei einer Investition in einen ETF wirst du nicht direkt der Eigentümer von den Wertpapieren. Bei Aktien wirst du zum Beispiel nicht zum Aktionär, sondern der ETF-Anbieter, der dann für dich dein Mitspracherecht auf der Hauptversammlung ausübt.
Aufgrund der leichten Zugänglichkeit und Handelbarkeit können auch ETFs Anleger dazu verleiten, kurzfristige Anlageentscheidungen zu treffen. Genauso wie Wertpapiere erfordern auch passive Investments Disziplin und einen Durchhaltewillen.
Abschließend sei erwähnt, dass es ETFs nicht „umsonst“ gibt. Zwar liegen die Verwaltungsgebühren bei ETFs weit unter denen für vergleichbare Fonds, aber sie kosten immer noch Geld. Möchtest du dir etwa ein passives Einkommen aufbauen, so kann es ab einem größeren Anlagevolumen sinnvoller sein, langfristig direkt in Dividendenaktien (Dividendenaristokraten) zu investieren, um die ETF-Gebühren einzusparen.
Des Weiteren möchten wir auf den unserer Meinung nach größten Nachteil bei passiven Investments hinweisen: Du kannst nur die Rendite des Börsen- bzw. Wertpapierindexes erzielen.
Auf den ersten Blick ist dir das eventuell nicht so wichtig.
Allerdings kann bereits ein Renditeunterschied von 1 % dein Anlageergebnis stark beeinflussen.
Insbesondere wenn wir von langen Anlagedauern von 15 Jahren oder mehr sprechen, bei denen der Zinseszinseffekt seine ganze Stärke entfalten kann.
Ein sehr hilfreiches Werkzeug, mit dem du dir das bewusst machen kannst, ist der Sparplanrechner von der ING.
Testweise nehmen wir an, dass du monatlich 100 € über einen Anlagezeitraum von 30 Jahren über einen Sparplan anlegst (Einzahlungssumme von 36.000,00 €).
In einem Fall erzielst du eine Rendite von 8 % und im anderen eine von 9 % und erzielst damit folgende Anlageergebnisse:
9 % Rendite: 184.447,41 €
8 % Rendite: 150.029,52 €
Wenn du die Differenz zwischen beiden Ergebnissen jetzt ansiehst und überrascht bist, dann geht es dir vermutlich jetzt wie den meisten anderen an dieser Stelle.
Bitte beachte, dass dieses einfache, aber sehr überzeugende Beispiel kein Argument gegen das passive Investieren sein soll.
Auch das Anlageergebnis mit einer Rendite von 8 % ist mehr als überzeugend.
Du solltest dir aber darüber im Klaren sein, dass du beim passiven Investieren eine bewusste Entscheidung triffst, dass du mit der Marktrendite zufrieden bist.
Und für höhere Renditen wirst du dich mehr mit der Börse und Wertpapieren beschäftigen müssen - weshalb du vermutlich doch gut mit dem Anlageergebnis bei einer Rendite von 8 % leben kannst.
Für welche Anleger eignet sich passives Investieren?
Das Investieren über passive Anlagen eignet sich unserer Meinung nach insbesondere für Personen, die noch keine Erfahrung an der Börse gesammelt haben.
Wie vorher erwähnt, haben unerfahrene Anleger bei Indexfonds den großen Vorteil, dass sie von Anfang an in ein breit gestreutes (diversifiziertes) Portfolio investieren und dafür müssen sie sogar nur einen ETF auf einen Weltindex erwerben.
Aber nicht nur für unerfahrene Anleger sind passive Investments eine gute Wahl.
Sie eignen sich auch hervorragend für Anleger, die sich nicht für die Börse interessieren und sich auch nicht weiter mit ihr beschäftigen möchten. In diesem Fall können sie ETFs als bequeme Möglichkeiten nutzen, um sich trotzdem ein Vermögen, auch mit kleinen Beträgen, aufzubauen.
Für den Fall, dass Anleger das Maximum aus ihren Geldanlagen herausholen möchten und dafür bereit sind, sich mehr mit Geldanlagen zu beschäftigen, ist das passive Investieren der falsche Ansatz.
In diesem Fall ist eine direkte Investition in Aktien oder andere Wertpapiere, mit denen hohe Renditen bei höheren Risiken erzielbar sind, vorzuziehen.
Fazit
Wir haben uns in diesem Ratgeber mit dem passiven Investieren beschäftigt. Dabei haben wir geklärt, was mit passiven Investieren gemeint ist und wie es sich vom aktiven Investieren abgrenzt.
Das passive Investieren zeichnet sich als Anlagestrategie dadurch aus, dass Anleger nicht versuchen, die Marktrendite zu übertrumpfen. Weder direkt noch über aktiv verwaltete Fonds, die den Markt schlagen wollen.
Damit eignet sie sich vornehmlich für Anleger, die sich nicht die Mühe machen möchten, in einzelne Aktien zu investieren. Und gleichzeitig müssen sie keine großen Voraussetzungen erfüllen, um passiv zu investieren.
Privatanleger benötigen zum passiven Investieren weniger oder kein Kapital als beim aktiven Investieren in Einzelwerte. Bereits mit kleinen Beträgen können sie sich über einen ETF-Sparplan ein beachtliches Vermögen aufbauen.