du musst kein aufwendiges Studium oder eine andere komplexe Ausbildung abgeschlossen haben, um deine erste Aktie zu bewerten.
Viele Menschen haben einen großen Respekt davor, eine Aktie fundamental zu bewerten und überlassen das lieber professionellen Fondsmanager, die dafür hohe Gebühren verlangen.
Wir analysieren unsere Investitionen in Aktien bereits seit Jahren selbst und konnten damit gute Ergebnisse erzielen.
Wir zeigen dir, auf welche Bewertungszahlen es ankommt und machen ein Beispiel für die Fundamentalanalyse einer Aktie.
Als Bonus schauen wir uns die 6 wichtigsten Kennzahl der Fundamentalanalyse von Aktien an
Die Grundidee hinter der Fundamentalanalyse von Aktien
Bei der Fundamentalanalyse von Aktien geht es im Kern darum, den inneren Wert einer Aktie zu bestimmen.
In diesem Zusammenhang wird angenommen, dass Aktienkurse kurzfristig bis mittelfristig irrationalen Schwankungen ausgesetzt sind, aber langfristig werden sie ihren inneren Wert (fairer Wert) erreichen.
Es gilt:
Liegt der aktuelle Aktienkurs unter dem inneren Wert, dann ist die Aktie unterbewertet (Kaufempfehlung).
Liegt die Aktie wiederum über dem inneren Wert, so ist sie überbewertet (Verkaufsempfehlung).
Aktienanalysen sprechen in diesem Zusammenhang auch gerne vom fairen Wert einer Aktie.
Benjamin Graham hatte maßgeblichen Einfluss darauf, wie Investoren Aktien fundamental bewerten sollen.
Das von Herrn Graham im Jahr 1949 veröffentlichten Buch "The Intelligent Investor" gilt bis heute als das Standardwerk für die Fundamentalanalyse von Aktien.
Welches Ziel du mit der Fundamentalanalyse von Aktien erreichen möchtest
Das wichtigste Ziel bei der Fundamentalanalyse von Aktien ist unterbewertete Aktien zu finden, um langfristig von dem Versteigerungspotential zu profitieren.
Eine wesentlicher Punkt in diesem Zusammenhang ist, dass das Potenzial darin liegt günstig zu kaufen.
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es weniger darum geht, ständig unterbewertete Aktien zu kaufen und überbewertete Aktien zu verkaufen.
Stattdessen solltest du dich als Investor insbesondere auf Aktien konzentrieren, deren innerer Wert weit unter dem aktuellen Kurs liegen.
Das sind Aktien, die 30 % bis 50 % günstiger sind als sie eigentlich fair bewertet sind. Aktienanalysen sprechen in diesem Zusammenhang von der Margin of Safety.
Margin of Safety: Lass dich von den verschiedenen Begriffen nicht verwirren. Die Margin of Safety ist einfach nur die Differenz zwischen dem aktuellen Aktienkurs und inneren Wert einer Aktie.
Handelt eine Aktie bei 50 € und du errechnest einen fairen Wert von 100 €, dann ist die Margin of Safety 50 %.
Die Idee der Margin of Safety ist, dass, wenn du besonders günstig kaufst, auch das Risiko tendenziell niedrig ist, dass die Aktie kurzfristig stark an Wert verliert.
Nach dem Kauf musst du geduldig sein und darauf warten, dass sich der Aktienkurs langfristig dem inneren Wert der Aktie nähert.
Welche Aktien in der Vergangenheit hohe Renditen erzielen konnten
Ein Punkt, der immer wieder zu Missverständnissen bei der Fundamentalanalyse von Aktien führt, ist die Absicht günstig zu kaufen.
In diesem Zusammenhang wird auch immer das Kurs-Gewinn-Verhältnis, bzw. die Ertragsrendite (Earnings Yield) einer Aktie genannt.
Es wird angenommen, dass es entscheidend ist, vor allem Aktien mit niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnissen zu kaufen, um unterbewertete Aktien zu finden.
Nicht selten wird dann auf Warren Buffet Bezug genommen, der als weltweit erfolgreichster Aktieninvestor gilt.
Aber, Aktien nur deswegen zu kaufen, weil sie gerade vermeintlich günstig sind, reicht nicht aus.
Denn, eventuell ist eine Aktie gerade besonders günstig (im Kurs gefallen), weil es dafür gute Gründe gibt. Zum Beispiel, weil sich das Geschäftsfeld stark verändert.
Hättest du zum Beispiel noch Aktien von Schreibmaschinenherstellern gekauft, als absehbar war, dass kein Mensch mehr Schreibmaschinen braucht?
Deswegen musst du dich bei der Fundamentalanalyse von Aktien darauf konzentrieren, Aktien zu finden, die günstig (unterbewertet), aber gleichzeitig qualitativ hochwertig sind.
Das sind Aktien von Unternehmen, mit hohen Ertragsrenditen und überdurchschnittlich hohen Eigenkapitalrenditen.
"The Little Book That Still Beats the Market"
Dass Investoren mit unterbewerteten, aber gleichzeitig qualitativen Aktien hohe Renditen erzielen können, beschreibt auch Joel in seinem Buch "The Little Book That Still Beats the Market".
Das Buch wurde mehr als 300.000 Mal weltweit verkauft und erklärt, wie Privatanleger mit einer simplen Strategie über längere Zeiträume in Aktien investieren können, die sich überdurchschnittlich entwickeln.
Um dieses Ziel zu erreichen, sollten Anleger in Aktien investieren, die zwei Kriterien erfüllen:
Hohe Ertragsrendite (bzw. niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis)
Überdurchschnittlich hohe Eigenkapitalrenditen (Return on Equity)
Beispiel für die Fundamentalanalyse einer Aktie
Ein gutes und aktuelles Beispiel ist die Aktien des Unternehmens LVMH.
Das Unternehmen LVMH bietet Luxusgüter an, wie Champagner, Taschen und andere Accessoires.
Das Unternehmen konnte in den letzten Jahren folgende Ertragsrenditen (Kurs-Gewinn-Verhältnisse) erzielen:
2017: 4,16 % (24,03)
2018: 4,90 % (20,43)
2019: 3,44 % (29,06)
2020: 1,83 % (54,76)
Die Ertragsrendite (Gewinn je Aktie / Aktienkurs) lag bis auf 2020, konstant über 3 %. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis lag im gleichen Zeitraum bei durchschnittlich ca. 25.
Wichtig: du könntest jetzt annehmen, dass die Aktie im Jahr 2020 hoffnungslos überteuert war, aber das wäre eine falsche Annahme.
In der Vergangenheit konnte das Unternehmen folgende Eigenkapitalrenditen erzielen:
2017: 16,19 %
2018: 17,83 %
2019: 17,86 %
2020: 11,16 %
Ausgenommen 2020, konnte das Unternehmen immer Eigenkapitalrenditen von über 15 % erzielen.
Das schaffen nur die besten Unternehmen dauerhaft. Hierzu zählen Unternehmen wie Alphabet (Google).
Da die Firma LVMH Luxusgüter über Geschäfte (sogenannte Flagstores) vertreibt, wurde die Firma auch von der Coronakrise im Jahr 2020 getroffen.
Da es sich bei der Coronakrise um ein globales Problem handelte und weniger mit der Firma direkt zu tun hatte, bekamen Investoren eine einmalige Chance, die Aktien von LVMH günstig zu kaufen.
Ihr Tief erreichte die Aktie während der Coronakrise bei 311 € am 15. März 2020. Investoren, die zu diesem Kurs zugeschlagen hätten, hätte die Aktien mit einer Ertragsrendite von ca. 4,6 % erwerben können.
Auf die 4,6 % kommst du, wenn du den Gewinn pro Aktie im Jahr 2019 von 14,25 € nimmst und durch 311 € teilst und dann mit 100 multiplizierst.
Das hätte einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von ca. 22 entsprochen (im Vergleich zu 25 aus den vorherigen Jahren).
Gleichzeitig war es auch richtig anzunehmen, dass das Unternehmen zu ihrer alten Stärke zurückfinden würde, sobald die Krise abklingt.
Damit erfüllte die Aktie zu diesem Zeitpunkt die zwei Anforderungen, die Aktien haben sollten, damit sie langfristig hohe Renditen erzielen: günstig bewertet und qualitativ hochwertig.
Die Firma konnte sich sehr eindrucksvoll von der Corona Krise erholen und liegt derzeit bei 654 €.
Es handelt sich immer noch um ein qualitativ hochwertiges Unternehmen, aber die Aktie ist nicht mehr günstig bewertet.
Zusammenfassung
Wie du siehst, ist es gar nicht so kompliziert, Aktien fundamental zu bewerten.
Im Grunde gehst du genauso vor, wie bei anderen Gegenständen.
du möchtest eine möglichst hohe Qualität für einen fairen bzw. minimalen Preis erwerben.
Aktien mit überdurchschnittlich hohen Eigenkapitalrenditen und überdurchschnittlichen hohen Ertragsrenditen (unterdurchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnissen) erfüllen genau diese Vorgaben.
Was nun? Nächste Schritte
Wir würden dir empfehlen, dass du dir noch weiteres Wissen über Aktien aneignest. Dazugehören weitere Informationen über Aktien, aber auch wie du eine Strategie für deine Ziele entwickelst und wie du dein Gewinn später berechnen kannst.
Nutze hierfür einfach unsere Reihe über Aktien für Einsteiger:
Aktienindex: Definition und Überblick der wichtigsten Indizes
Aktienportfolio: wie du in 10 Schritten ein gutes Portfolio erstellst
Aktien richtig verkaufen: wann lohnt es sich
Wie du deine erste Aktie bewertest: Fundamentalanalyse von Aktien (du bist hier)
Bonus: Die wichtigsten 6 Kennzahlen der Fundamentalanalyse bei Aktien
Kurs-Gewinn-Verhältnis
Das KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) ist die bekannteste fundamentale Kennzahl. Sie errechnet sich einfach aus dem aktuellen Kurs einer Aktie / durch den Gewinn pro Aktie.
Es ist wichtig, das KGV je Aktie gesondert zu bewerten, da das KGV unter anderem auch von der jeweiligen Branche abhängig ist. Besonders wertvoll ist die Kennzahl, wenn sie historisch über verschiedene Geschäftsjahre betrachtet wird.
Liegt das aktuelle KGV 10 % bis 20 % unter dem historischen durchschnittlichen KGV, könnte die Aktie günstig bewertet sein.
Ertragsrendite (Earnings Yield)
Die Ertragsrendite ist eng mit dem Kurs-Gewinn-Verhältnis verbunden und wird berechnet, indem der Gewinn pro Aktie / aktuellen Aktienkurs wird und mit 100 multipliziert wird.
Es ist ein wenig Geschmackssache, ob Investoren lieber auf das KGV oder die Ertragsrendite schauen.
Eigenkapitalrendite
Die Eigenkapitalrendite setzt den Unternehmensgewinn einer Firma ins Verhältnis zum eingesetzten Eigenkapital.
Dabei gilt, dass je höher die Eigenkapitalrendite ist, desto effizienter arbeitet eine Firma mit dem ihr anvertrauten Geld.
Kurs-Buchwert-Verhältnis
Beim KBV (Kurs-Buchwert-Verhältnis) entspricht dem Verhältnis zwischen Aktienkurs (Marktwert pro Aktie) und dem Buchwert pro Aktie.
Der Buchwert pro Aktie wird berechnet, in dem alle Vermögensgegenstände der Firma bewertet werden und durch die Anzahl der Aktien geteilt werden.
Eine Aktie mit einem KBV unter 1 gilt als unterbewertet und bei einem Wert über 1 als überbewertet.
Die Idee ist, dass es möglich wäre alle Aktien eines Unternehmens zu kaufen und im Anschluss die Vermögensgegenstände zu verkaufen, um dadurch einen Gewinn zu erzielen.
Das ist aber meistens eine rein theoretische Annahmen, da die erzielbaren Preise für die Vermögensgegenstände von den bewerteten Preisen abweichen.
Kurs-Umsatz-Verhältnis
Das KUV (Kurs-Umsatz-Verhältnis) ist das Verhältnis zwischen dem aktuellen Aktienkurs und dem Umsatz pro Aktie.
Die Kennzahl ist meistens bei Unternehmen relevant, die noch keine Gewinne erwirtschaften, wie unter anderem Start-ups.
Denn wenn ein Unternehmen keine Gewinne macht, können die Bewertungskennzahlen KGV und Ertragsrendite nicht verwendet werden.
Kurs-Cashflow-Verhältnis
Das KCV (Kurs-Cashflow-Verhältnis) ist das Verhältnis zwischen Aktienkurs und dem Cash-Flow pro Aktie.
Der Cash-Flow einer Firma entspricht, etwas vereinfacht gesagt, dem Betrag, den die Firma tatsächlich auf ihrem Konto hat.
Aufgrund von Verbindlichkeiten und Abschreibungen kann sich der Cash-Flow einer Firma stark vom Unternehmensgewinn unterscheiden.
Die Bewertungskennzahl ist insbesondere bei vielen Aktienanalysen beliebt, da sie bilanzielle Bewertungsspielräume ausschließt.